Spex Magazine (Germany)
2002

IDAHO WE WERE YOUNG AND NEEDED THE MONEY
AUTOR: ANDI SCHOON | Erschienen: | Label: IDAHO MUSIC | Vertrieb: RETROPHONIC/CARGO

Jeff Martin alias Idaho ist ein Melancholie-Terrorist: Wenn er seine Geschichten aus dem Keller holt, dann dringt der Jammer durch alle Ritzen. Wo der soundverwandte J. Mascis zu besseren Zeiten exzentrische Dynamikbrüche kultivierte, da geht es Martin um die Herstellung eines Zustands, der kommt und bleibt. Zu diesem Zweck läuft im Hintergrund von Idaho-Aufnahmen stets eine Atmosphäre-Spur voller empfindsam geführter Gitarrenfeedbacks; ab und zu hört man auch verwaschene Klaviereinwürfe und kleine, ornamentale Echos; dann wieder läuft irgendetwas rückwärts. Im Vordergrund singt Jeff Martin, berückend schön, und spielt schnörkelig Gitarre dazu - viel zu viel schwermütige Melodien umschwirren sich da, als dass es ein labiler Mensch überhaupt ertragen könnte.Vor dem geistigen Auge der Gefestigteren hingegen mag zuweilen ein nächtliches Home Studio erscheinen, in dem Jeff Martin sitzt und sich bis zum Morgengrauen in diesen speziellen harmonischen Wendungen sudelt, die er getrost sein Eigen nennen darf. Und wir alle hängen am Fenster rum, wenn Martin nach dem Frühstück die Feedbacks einspielt. Idaho steht für einen gehauchten Wall of Sound, ach was, ein metaphysisches Wabern von der Wucht einer amtlichen Wüstenrockproduktion und der Intimität einer Schlafzimmer-Aufnahme. Fulminanz und Privatheit, das gilt auch für diese, nur scheinbar neue Idaho-Veröffentlichung. «We Were Young « enthält laut Covertext eine ganze Stunde nie zuvor gehörten Materials, aufgenommen zwischen 1992 und 2000 - das heißt natürlich nichts anderes, als dass wir es hier mit einer Outtakesammlung zu tun haben. In der Tat klingt nicht alles ganz fertig produziert, manchem Stück mangelt es an Pointen, andere vergreifen sich etwas im Tonfall. Letztlich aber bleibt der Idaho-Gitarrenrock auch im Rahmen dieser Resteverwertung grundsolide, seelenruhig, fett und organisch blubbernd. Trotzdem: «We Were Young « ist etwas «für Fans«, wie man so sagt.

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